Angst vor der Angst

Noch eine Stunde. Dann muss ich los.

Draußen ist es grau. Es regnet. Wind weht. Es wird Herbst. Für die meisten, ist das alles nicht besonders schlimm oder Grund, Angst zu bekommen. Für mich schon.

Es war vor vielen Jahren morgens. Ich glaube, es war etwa 2005. 7 Uhr morgens. Ich musste zur Schule. Es dämmerte und ich ging, wie immer, die Straße runter. Alles wie immer. Nichts war anders.

Plötzlich dieses bekannte Gefühl. Eine Panikattacke. Unwirklichkeitsgefühl. Ich fühlte mich wie erstarrt. Ich konnte weder vor noch zurück. Ich war wie gelähmt. Am liebsten hätte ich geschrien. Ganz laut.

Sowas vergisst man nicht

Das Gefühl brennt sich in meinem Kopf fest. Meine Gedanken kreisen um diese Situation, bevor ich los muss. Bevor ich wieder diesen Weg gehen muss. Es gibt keinen anderen. Nur diesen. Sackgasse.

Später.

Ich stehe am geöffneten Fenster und schaue in die Nacht. Es ist noch keine 21 Uhr, doch schon dunkel. Wenn der Mond am sternenklaren Himmel nicht leuchten würde. Blätter rauschen. Eine Frau geht mit ihrem Hund spazieren.
Manchmal denke ich, dass ich auch einen Hund brauche. Einen Begleiter.

Eben hatte ich wieder eine Panikattacke. Dunkel, hell erleuchtete Stadt, Autos, auf den Bus warten. Plötzlich das Gefühl, was mich seit jeher begleitet. Im Herbst kommt es verstärkt wieder. Wenn es dunkel wird, schleicht es sich an. Dann packt es mich und ich will fliehen. Rennen.

Ich schaue die anderen Leute an und frage mich, wie es wohl ist, keine Panikattacken zu haben. Wie ist es, sowas nicht zu erleben? Frei zu sein davon? Einfach auf den Bus zu warten, ohne dieses Gefühl?

Für den Notfall: nützliche Gegenstände

  • iPhone
  • Bonbons
  • Massageball
  • Kopfhörer

Wenn ich Angst habe, rufe ich manchmal Sascha an oder schreibe ihm. Ab und zu rufe ich auch zu Hause an. Aber Sascha ist eine größere Hilfe. Er lenkt mich ab, statt zu sagen “Du brauchst keine Angst zu haben.” oder “Geh doch da durch. Da ist nix.” Ich weiß, dass da nichts ist. Es geht auch nicht darum, dass da etwas sein könnte.

Die Hände beschäftigen. Egal womit. Knibbeln an der Nagelhaut, den Massageball zwischen den Händen rollen. Mit einem Bonbonpapierchen spielen. An den Haaren drehen.

Musik könnte auch helfen, jedoch hab ich dann, zumindest draußen, das Gefühl, nicht wirklich da zu sein, sondern nur auf die Welt runter zuschauen.

Und dann ist das Gefühl wieder weg

Erschöpfung. Die Situation ist vorbei. Alles ist gut. Ich bin gerüstet für das nächste Mal. Ich bin wieder stärker.
Dann vergesse ich wieder all meine Notfall-Dinge. Außer eins: das iPhone und der Gedanke: Sascha anrufen. Und wenn die Mailbox rangeht? Kurz seiner Stimme lauschen.