Angst
Wie beschreibt man das Gefühl, das die Angst in mir auslöst, jemandem, der sowas nicht kennt? Schließlich kann man die Angst nicht messen, wie Fieber. Oder abhorchen, wie die Lunge. Man kann sie nicht abklopfen, nicht pieksen, nicht entfernen, nicht sehen oder von außen ertasten. Sie ist eine Barriere, ein Schutzschild oder einfach nur ein Monster in meinem Kopf.
„Du kannst jetzt nicht raus. Was ist wenn…?“
„Da ist wieder dieses Gefühl. Was bedeutet es?“
„Bleib stehen. Renn weg. Konzentrier dich nicht auf das, was der Dozent da vorne sagt. Konzentrier dich auf mich, deine Angst. Ich bin immer da.“
Die Angst kontrolliert meine Gedanken, meinen Gang, mein Leben. Sie hält mich davon ab, Dinge zu tun, die für andere selbstverständlich sind. Sie überschwemmt meine Gedanken mit ihren negativen Worten. Impft mich mit giftigen Vorstellungen.
„Du könntest das bekommen oder jenes.“
Ich möchte mich in ein Loch verkriechen. Oder wenigstens hinter einem Buch verstecken. Die Bettdecke über meinen Kopf ziehen. Ich möchte schreien, die Angst aus mir herausbrüllen. Ich möchte einfach nur frei von diesen Gedanken sein.
Ruhe. Für eine Weile ist die Angst weg und schaut nur ab und zu kurz vorbei, um Hallo zu sagen.
Und dann ist plötzlich dieses Gefühl wieder da. Ein unwirkliches Gefühl. Wie im Traum. Als wäre ich nicht wirklich da. Als würde ich nicht wirklich die Straße entlang gehen. Letzte Woche konnte ich doch noch hier gehen, ohne auf einmal dieses Gefühl zu bekommen.
Jetzt wird es immer früher dunkel, immer später hell. Die Zeit der düsteren Gedanken ist gekommen. Die Zeit, die meine Angst so gerne mag. Die Zeit, in der ich manche Situationen meide. In der ich manche Wege meide. Weil ich dort in der Vergangenheit im Dunkeln Angst bekommen habe. Nicht davor, dass hinter mir jemand auftauchen könnte, dass jemand aus einer dunklen Ecke auf mich zutreten könnte. Sondern vor der Angst. Die lauert zwar auch in diesen Ecken, aber für mich ist sie weitaus bedrohlicher als eine menschliche Gestalt.
Es wird vorübergehen. Ich werde mich wieder an den Herbst und Winter gewöhnen, wieder lernen, mit der Situation umzugehen. Jedes Jahr aufs Neue. Denn es wird auch wieder gute Zeiten geben, es wird wieder heller werden.
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