Bücher und Erinnerungen

Bücher und Erinnerungen

Wenn ich lese, welche Erinnerungen andere Menschen an ihre Kindheit und vor allem das Lesen zu der Zeit haben, versuche ich herauszufinden, was mich eigentlich zum Lesen bewegt hat. Ob es ein bestimmtes Buch war, ob mich was geprägt hat. Irgendwas, was es wert wäre, zu erzählen.

Die Wahrheit ist aber: ich erinnere mich nicht. Ich weiß, dass ich schon immer gelesen habe und an manche Bücher erinnere ich mich auch noch ganz vage. An Pixie-Bücher zum Beispiel. Aber ich weiß nicht, ob meine Eltern mir abends etwas vorgelesen haben.

Letztens zitierte meine Mutter einen Satz aus einem Buch. „Da hat sich das Eichhörnchen beinahe die Zähne an der Nuss abgebrochen.“ So ähnlich lautete der Satz. „Das war aus einem Buch, woraus ich dir vorlesen habe. Weißt du das nicht mehr?“

Ich erinnere mich noch an eine Geschichte, die meine Mutter mir im Bett erzählt, nicht vorgelesen hat. Von Tieren. Sie kannte sie auswendig, vielleicht stammte die Geschichte aus ihrer Kindheit.

Ganz dunkel erinnere ich mich noch einen Einkauf in der Mayerschen, die damals, Anfang der 1990er Jahre, so ganz ausgesehen hat. Ich erinnere mich an ein Buch, was ich damals gekauft habe. Es war ein weißes Taschenbuch, von dtv. Ein Kinderbuch. Wenn ich das Buch sehe, verbinde ich es mit dem Einkauf. Aber ob meine Erinnerung stimmt?

Ich weiß noch, dass wir ein Pappkinderbuch hatten, in dem eine Schwalbe erklärt, wo die Milch herkommt.

Ich erinnere mich noch daran, dass ich mit dem Stadtbus zu meinen Großeltern gefahren bin. Bei ihnen im Ort gab es eine Buchhandlung. Die gibt es auch heute noch. Ich habe an dem Tag in meiner Erinnerung ein neues Sattelclub-Buch dort gekauft. 12 DM hat es gekostet, ein hellblaues Hardcover. Ich weiß sogar noch, wo die Bücher in der Buchhandlung standen.

Es gab schon immer Bücher in meinem Leben. Aber ich erinnere mich an keins, von dem ich sagen würde, es hat mich geprägt. Die Bücher waren einfach da. Ich habe sie gelesen und das wars. Sie standen in meinem Regal. Manchmal habe ich eins rausgenommen und noch mal drin geblättert. Aber ich habe nie mit einer Taschenlampe unter der Bettdecke noch heimlich gelesen. Vor dem Schlafen habe ich auf dem Bauch gelegen, ein Buch aufgeschlagen vor mir auf meinem Kopfkissen. Neben mir tickte der mechanische Heidi-Wecker, den ich jeden Abend aufziehen musste. Was ist aus dem Wecker geworden?

Über mir leuchteten an der Decke Sterne. Die hängen bis heute da.