Der Drang, alles fotografieren zu müssen

Blauer Himmel mit Wolken
Sommerhimmel. 

Ich habe schon immer gerne fotografiert. Als ich etwa 9 Jahre alt war, bekam ich zu Weihnachten meinen ersten Fotoapparat. Ihr wisst schon, so einen analogen, mit Filmrolle. Damit konnte man nicht viele Fotos machen und es gab ja auch kein Vorschaubild.

Heute ist es viel bequemer. Die Kamera ist unser ständiger Begleiter geworden. Sie passt in jede (Hosen-)Tasche (abgesehen von den meisten Taschen in Damenhosen oder den fehlenden in Kleidern und Röcken) und wir können fast unendlich viele Fotos knipsen. Von allem und jedem. Überall. Jederzeit.

Ohne mein Smartphone gehe ich nicht spazieren. Es könnte mir ja auf dem Weg etwas zum Fotografieren auffallen. Eine hübsche Blume, eine Katze oder einfach nur die schöne Landschaft vor der Haustür. Meine "große" Kamera bleibt meistens zu Hause. Sie ist schwer und sperrig und ich muss die SD-Karte herausnehmen und am Laptop anschließen, um die Fotos richtig ebtrachten zu können oder um sie irgendwo hochladen zu können. Die Fotos auf dem Handy landen in der Cloud, lassen sich problemlos teilen und das Display ist größer als das an meiner Kamera.

Nicht alle Bilder landen auf Instagram oder 500px. Dennoch verspüre ich oft den Drang, diese schöne Blume, diese Katze oder Landschaft mit der Welt teilen zu müssen. Alles fotografieren zu müssen, statt einfach nur zu genießen.
In meiner Cloud sind über 20.000 Fotos. Fotos, die ich wahrscheinlich nie mehr anschauen werde. Manchmal erinnert mich die Foto-App an (besondere?) Momente. Erinnerungen an Orte, die ich besucht habe, an Katzen, die ich gestreichelt oder zumindest gesehen habe, an Tage mit Schnee, an Essen. Manchmal bringen die Fotos mich zum Lachen. Manchmal machen sie mich traurig, weil sie mich an eine Zeit vorher erinnern, unbeschwerte Zeiten. Sie lösen Sehnsüchte in mir aus. es sind auch manchmal nichtssagende Momente oder Aufnahmen, von denen ich nicht mehr weiß, warum ich sie gemacht habe.

Ich sollte mir angewöhnen, auf meinen täglichen Spaziergängen nicht alles zu fotografieren und einfach meine Umgebung so zu sehen, wie sie im Augenblick ist und nicht durch das Display eines Handys betrachten. Vielleicht sehe ich die Welt dann mit anderen Augen.