Digital Detox – oder: einfach mal abschalten
Auch nach vielen Jahren habe ich noch Peter Lustigs Abschiedsworte nach jeder Sendung Löwenzahn im Kopf, zusammen mit seiner Geste: die drehende Hand, die den Knopf des Fernsehers ausmacht.
Heute ist es nicht unbedingt der Fernseher, der ausgemacht werden soll und wenn, wird das auch nicht durch Knopfdrehen gemacht. Ein kurzes Drücken einer Taste auf der Fernbedienung reicht aus. Aber heute geht es um eine ganze Reihe an Kanälen, die man einfach mal abschalten sollte. Nicht direkt das ganze Gerät, ein paar Apps nicht mehr anklicken, genügt schon. Das Handy in eine Ecke legen, in die man nicht so häufig schaut. Screentime auf dem iPhone und iPad aktivieren. Benachrichtigungen abschalten.
Es gibt ein paar Apps, die ich regelmäßig und oft auch sehr viel und lange benutze. Twitter und Instagram wären so ein Beispiel. Oder auf dem Laptop die Facebook-Seite (die App habe ich schon lange von meinen mobilen Geräten verbannt). Doch gerade in letzter Zeit machen mich diese Sozialen Netzwerke verrückt. Ihr könnt euch sicher denken, weshalb: die ganzen Meldungen um den Corona-Virus tragen nicht gerade dazu bei, dass ich mich beruhigt fühle, weniger Angst habe. Im Gegenteil, denn meine Angst, die nun seit 20 Jahren mein Begleiter ist, freut sich an jeder Eilmeldung, an jedem Tweet, in dem ein selbsternannter Virus-Experte seinen Senf dazu gibt. Aber auch Schlagezeilen in Zeitungen triggern mich. Ob es nun die BILD ist, die manchmal beim Bäcker ausliegt oder ein Bericht in der Tageszeitung. Den Bäcker kann ich nicht meiden, denn ich muss nun mal etwas essen. Zum Glück liegt dort nicht sehr oft das Klatschblatt aus. Aber wenn, zieht es meine Aufmerksamkeit auf sich, ob ich will oder nicht. Angst, Hass, Titten und der Wetterbericht. So besangen schon Die Ärzte diese “Zeitung”. Und ja, gerade in diesen Zeiten stimmt es mehr denn je. Es wird Hass geschürt, gegen Menschen gehetzt. Menschen, die eine andere Religion/Hautfarbe haben. Angst vor Viren. Es geht vor allem darum, Angst unter den Menschen auszulösen. Ob das, was in dem Heft nun steht, wirklich stimmt, ist egal. Hauptsache, die Leute kaufen das Blatt. Mit der Angst der Menschen lässt sich Geld verdienen.
Meine Angst war immer auf mehr oder weniger irrationale Dinge bezogen. Manchmal aber habe ich auch Angst vor Krankheiten. Auf Book Riot habe ich letztens einen Artikel gelesen zu dem Thema. Die Autorin beschreibt dort ihre Angst vor Krankheiten am Beispiel von Beths Tod in “Little Women”. Und ich kann es so nachfühlen.
Weil es mich so verrückt gemacht hat, auf Twitter ständig mit dem Virus konfrontiert worden zu sein, habe ich kurzerhand entschlossen, eine Weile auf Twitter, Instagram und Facebook zu verzichten. Außerdem lese ich auch keine Nachrichten mehr. Ab und zu informiert mein Mann mich, wenn es etwas Neues gibt. Aber er achtet dabei darauf, meine Angst nicht zu sehr zu triggern. Gibt es etwas Positives zu berichten, sagt er es mir. Gibt es etwas, was mich beruhigen könnte, sagt er es mir auch.
Warum ich auf Instagram verzichte? Nicht unbedingt wegen der Angst. Aber ich habe gemerkt, dass es nicht guttut. Dass ich nicht alles mit der Welt teilen muss, nicht jedes Foto. Nicht jeden Gedanken auf Twitter schreiben muss. Nicht alle Nachrichten auf Facebook verfolgen muss.
Es ist gerade mal eine Woche um. Nicht ganz, glaube ich. Und es tut gut. Meine Angst vor dem Virus ist noch nicht weg. Ich wohne im Bundesland mit den meisten Fällen, nicht sehr weit weg von dem Kreis, der wahrscheinlich zu einer kleinen Berühmtheit geworden ist. Ich möchte mich am liebsten verkriechen und erst wieder hervorkommen, wenn all das vorbei ist. Oder zumindest abgeschwächt.
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