Lesen ist kein Wettbewerb
Auf Youtube halten Booktuber:innen einen Stapel Bücher in die Kamera. Die Bücher sind entweder gerade frisch gekauft, sollen über den kommenden Monat gelesen werden oder wurden vergangenen Monat gelesen. Manche lesen in einem Jahr über 100 Bücher. Dann gibt es noch Tipps zum Speed Reading. Und auf anderen Plattformen können Leser:innen eintragen, wieviele Bücher sie lesen wollen innerhalb eines Jahres. Ich selber habe mir für 2021 60 Bücher als Ziel vorgenommen.
Immer mehr scheint das Lesen zu einem Wettbewerb zu mutieren. Ob auf Instagram (in der Szene auch Bookstagram genannt) oder Youtube: überall scheint es nur noch darum zu gehen, wer die meisten Bücher lesen kann. Darunter sind oftmals ziemlich dicke Schinken, für die ich Monate brauchen würde.
Lesen sollte aber doch entspannen, unterhalten, informieren, belehren. Es geht nicht darum, ob man 100 Bücher in 365 Tagen liest oder nur 10. Es sollte um den Spaßfaktor gehen, darum, dass man in fremde Welten eintauchen oder in ein anderes Land reisen kann. Dass man etwas über andere Menschen, Kulturen oder Wissenschaften lernt. Dass man einfach nur vor der Realität flieht.
Wir leben in einer Welt, in der alles immer schneller gehen muss, in der jede:r der oder die Beste sein will. Da sollte nicht auch noch so etwas Entschleunigendes wie Lesen an anderen gemessen werden.
Gerade in einer Zeit, in der wir gerade leben, kann das Lesen hilfreich sein. Wir haben die Nase voll von dem, was draußen in der Welt oder sogar in unserem eigenen Land passiert, sind womöglich wütend oder traurig oder müde – oder alles zusammen.
Lesen ist lehrreich, entspannend, fördert die Fantasie. Wir können sogar durch Bücher reisen. Erst gestern bin ich quer durch England gewandert. Von St Bees Head bis zu Robin Hood’s Bay (wer das auch lesend machen möchte: Das Buch ist “Lesereise England: Von Küste zu Küste*” von Erik Lorenz).
Lesechallenges im Internet
Nun, zum Jahresbeginn, kann man bei Goodreads wieder eintragen, wieviele Bücher man lesen möchte. Obwohl ich sage, dass lesen kein Wettbewerb ist, mache ich doch immer wieder bei der Lesechallenge mit. Jedoch habe ich sie für 2021 knapp nicht geschafft.
Etwas besser gelöst haben das die Köpfe hinter The Story Graph (das ist quasi Goodreads ohne Amazon dahinter und mit weniger Schnikschnack). Dort kann man auch eintragen, wie viele Bücher man plant, über das Jahr zu lesen. Aber es gibt noch andere Challenges, die viel spannender sind. Ich nehme zum Beispiel an “The Story Graph’s Genre Challenge 2022” und “The Story Graph’s Onboarding Challenge 2022” teil. Hier sind 10 bzw. 6 Prompts vorgegeben, nach denen man sich Bücher aussuchen soll. Das finde ich sehr gut, so lese ich nämlich 1. endlich Bücher von meinem SUB (Stapel ungelesener Bücher) und 2. auch Bücher, die ich sonst vielleicht nicht lesen würde. Wer auch bei The Story Graph ist: ihr findet mich unter dem Namen hanghuhn. Übrigens gibt es auch eine Buddy Read-Funktion.
Vorlage für Bild: Person holding a book von Aline Viana Prado
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