Rezension: Total planlos verliebt (Martina Gercke)

Rezension: Total planlos verliebt (Martina Gercke)

Letztens war ja Amazon Prime Day und es gab mal wieder eine 3-monatige Kindle Unlimited-Mitgliedschaft für umme. Also dachte ich, ich nutz das noch mal aus. Gedacht, getan. Deshalb habe ich mir “Total planlos verliebt” von Martina Gercke auf meinen Kindle geladen. Der Klappentext klang ganz gut, obwohl das Thema (Frau braucht einen Fake-Freund für eine Familienfeier, Beziehung von vornherein TOTAL AUSGESCHLOSSEN!) schon ausgelutscht ist – mindestens so sehr wie frisch angestellte Sekretärin/Assistentin/whatever verliebt sich in ihren Boss. Aber manchmal braucht man eben solche seichten Lektüren. Ich möchte gerade im Moment nichts Schweres lesen, nichts, was mich möglicherweise herunterzieht. Dass ich dann aber dauernd verärgert bin über das, was ich da lese, ist ein anderes Thema.

Ich habe mir ein paar Notizen gemacht zu dem Buch.

schnell hingekritzelte Notizen zu “Total planlos verliebt”

Punkt 1: ähnlich klingende Namen

Zu Beginn taucht eine Reporterin namens Holly auf bei der Vernissage. Sie schreibt für ein Lifestyle-Magazin, also ein Klatschblatt. Die Protagonistin des Werkes heißt Hallie. Gut, dass Holly nur am Rande und das auch nur am Anfang vorkommt. Denn sonst wäre ich wahnsinnig geworden. An einer Stelle wird dann auch tatsächlich Holly mit Hallie verwechselt, weil die Autorin nämlich mal kurz die Namen umgetauscht hat. Merke: Verwende niemals ähnlich klingende Namen. Das mag im echten Leben vorkommen, aber in Romanen ist das vielleicht etwas unglücklich.

Eine weitere Verwechslung gab es Richtung Ende mit zwei Ortsnamen, die sich gar nicht ähnlich waren.

Punkt 2: komische Begriffe und Floskeln

Wie ihr aus dem Screenshot meiner Notizen-App sehen könnt, führt Marzina Gercke einen mir unbekannten (oder zumindest nicht geläufigen) Begriff ein: Augendeckel. Tatsächlich gibt es das Wort, wie ich gerade gesehen habe. Aber es wird wohl sehr wenig genutzt. Ecosia schlägt übrigens bei der Suche nach dem Wort einen Wikipedia-Artikel zu “Scheuklappen” vor.

Dass mit Augendeckeln das obere Lid, also das Augenlid, gemeint ist, ist mir klar. Aber warum dann nicht einfach das Wort benutzen? Oder Lid. Mit den Lidern klimpern oder klappern oder was auch immer man damit tut.

Zu dem Begriff “Augendeckel” kommt übrigens noch die Floskel “aufgerollt”. Irgendwo hab ich das gelesen (warum hab ich mir die ganzen Stellen eigentlich nicht markiert?!). Blabla rollte mit den Augen auf oder so ähnlich. Damit wird dann wohl das “Augenrollen” gemeint sein. Eine Biskuitrolle kann man aufrollen oder einen Teppich. Aber das Auge? Tut das nicht weh?

Das Buch spielt übrigens in England. Ryan spricht Hallies Vater an einer Stelle (oder an zwei?) mit “Sir” an. Meines Wissens wird das in Großbritannien so nicht verwendet. Eine schnelle Recherche brachte mich zu einem Reddit-Thread. Dort schreibt einer:

The only time I’d ever call someone ‘sir’, ‘madam’ or ‘ma’am’ would be sarcastically if someone was being rude and demanding. Otherwise I might say ‘sir’ if I’m talking about someone with a knighthood (Sir Alex Ferguson for example) but I wouldn’t call him sir if I met him. I’d only expect to be called ‘sir’ if I’m in a very fancy restaurant or if I’ve been stopped by police, possibly for skipping out on the bill from that restaurant.

Reddit

Punkt 3: Pferde und Gewitter

Hier kann ich leider nur raten oder Vermutungen anstellen, da ich mich absolut nicht mit Pferden auskenne (als Jungendliche habe ich sämtliche Sattelclub-Bücher verschlungen und sie standen der Reihe nach in meinem Regal).

Tante Lucy veranstaltet ein Picknick auf einer Wiese (etwas erinnerte mich diese Szene an Anne With an E, wo sie alle auch zusammen draußen sitzen und picknicken. Mit Girlanden, Laternen und Körben voller Essen und so). Von weitem ziehen langsam dunkle Wolken auf und es ist klar: da kütt was. Also bricht die Gesellschaft auf. Hallie und Ryan, die ja geritten sind, eben zu Pferd. Und weil ja ein Gewitter und Regen heranzieht, machen sie auch keinen Umweg, sondern reiten direkt nach Hause, könnte man meinen. Nein, Hallie hat die glorreiche Idee, einen Umweg übers offene Feld zu machen (ich weiß nicht, was besser ist bei einem Gewitter: offenes Gelände oder Wald – vermutlich ist beides nicht so gesund). Ich als Laie behaupte jetzt mal, dass ein Gewitter für ein Pferd alles andere als toll ist. Die Blitze und der Donner können das doch verschrecken?! Aber Hallie ist ja eine erfahrene Reiterin (Ryan übrigens nicht). Die wird das Kind schon schaukeln – oder eben das Pferd sicher durchs Gewitter bringen.

Tatsächlich scheint den Pferden nichts auszumachen, dass um sie herum ein Gewitter herangezogen ist. Vielmehr hat Hallie Angst. Gut, dass sie Ryan, also einen starken Mann, an ihrer Seite hat.

Punkt 4: planlos verliebt – welch Wunder!

Von Anfang an macht Hallie klar, dass sie Ryan nur braucht, damit ihre Familie endlich mit den Verkupplungsversuchen aufhört. Die sollen nämlich denken, sie hätte einen Freund, obwohl sie als Single glücklich ist.

Auch Ryan sagt direkt, dass er als Scheidungsanwalt gar kein Interesse an einer Beziehung hat, weil er ja in seinem Job sieht, wohin Beziehungen führen.

Alles klar. Beide haben kein romantisches Interesse. Ryan soll nur so tun, als ob. Und das macht er sogar so gut, dass die Familie ihm das abnimmt. Innerhalb von quasi fünf Minuten entwickelt Hallie aber Gefühle (Überraschung: Ryan auch) und ist dann sauer, wenn Ryan ihr gegenüber noch mal betont, dass er nicht mehr will und dass das nur ein Deal war. Warum sie da sauer wird und enttäuscht ist, dass er ihr ins Gesicht sagt, dass er nichts fühlt (Lüge), entzieht sich meinem Verständnis. Mir ist klar, das ist alles nur wegen der Spannung und so. Aber das ist, ebenso wie die Fake-Freund-Idee, so ausgelutscht. Da muss es doch noch andere Hürden geben.

Punkt 5: Verkupplung: altmodische Ansichten

Gibt es eigentlich tatsächlich Familien, die versuchen, ihre Angehörigen zu verkuppeln? Ich finde es altmodisch, davon auszugehen, dass 1. eine Person überhaupt einen Partner haben will und 2. dass eine Person unbedingt das gegenteilige Geschlecht “sucht”. Wenn schon eine Verkupplungs-Geschichte, dann mit einem Twist. Was wäre, wenn Hallie plötzlich mit einer Frau aufgetaucht wäre?

Punkt 6: Klischees

Überhaupt fällt mir bei solchen Romanen immer wieder auf, dass Männer als das “starke” Geschlecht dargestellt werden. Sie sind groß, gut gebaut, erfolgreich im Job, legen sich nicht fest auf eine Frau. Frauen dagegen sind meistens schwächer und sind auf einen Mann an ihrer Seite angewiesen (sie wissen es nur noch nicht).

Einerseits wurde Hallie zu einer selbstbewussten und eigenständigen Person erzogen. Andererseits will ihre Mutter sie unbedingt unter die Haube bringen. Denn kaum, dass die Familie Ryan kennenlernt, wird schon von Hochzeit gesprochen. Niemand akzeptiert, dass Hallie gar kein Interesse hat (naja, bis sie eben Ryan kennenlernt). Man kann niemandem eine Person aufzwingen. Entweder man trifft jemanden, verliebt sich und ist glücklich. Oder man trifft jemanden, merkt, die Person ist nichts, macht weiter. Aber das sollte nicht durch irgendwelche Manipulationen geschehen.

Punkt 7: Lucys Bodybuilder-Freund mit der piepsigen Stimme

Tante Lucy ist 60 geworden und hat einen viel jüngeren Freund (Derek). Der ist gebaut wie ein Bodybuilder – hat aber eine piepsige Stimme. Zu viel Testosteron, mutmaßt die Verwandtschaft witzelnd. Dabei sorgt zu viel doch für eine tiefere Stimme?! Klärt mich auf, wenn es falsch ist.

Fazit

Zum Abtauchen nur geeignet, wenn man sich nicht an den genannten Punkten stört. Potenzial nach oben besteht.